Liebe Elfe,
deine Wut, Verwirrung und Enttäuschung ist mehr als verständlich! All die investierte Arbeit in die Beziehung, all der Schmerz und die abrupten Wechsel.
Doch eins kann ich dir versichern, dein ehemaliger Partner hat gelitten, vielleicht war es ihm nicht ganz bewusst. Ich spreche aus eigener Erfahrung. Ich mache seit Jahren eine Therapie, leide unter extremsten Ängsten, habe eigentlich so ziemlich alle Gefühle, die es gibt auf dieser Welt total abgespalten bis ich 33 Jahre alt wurde. Die Ursachen kann ich nur bestätigen. Die ersten 5-7 Jahre meiner Kindheit waren die absolute Hölle. Ich habe auf emotionaler Ebene praktisch nicht existiert, wie eine Puppe wurde ich behandelt und nur von allen schikaniert. Meine Mutter war total überfordert, sie hatte selbst eine höllische Kindheit. Die Konsequenz war, dass ich mit 0.5 Jahren zu Tante und Onkel kam. Die hatten selbst schon 4 Kinder. Die Tante war sehr streng, der Onkel ziemlich witzig und verspielt, jedoch auch sexistisch zu Frauen. Diese Ideologie hat er mir versucht weiterzugeben. Mein älterer Cousin hat mich gehasst, war eifersüchtig, fühlte sich bedroht, weil er den Verlust seiner Mutter fürchtete, die Konsequenz war ständiges auf mir rumhacken.
Meine Mutter war in jener Zeit in einer psychiatrischen Klinik. Mein Vater ständig am arbeiten, er wurde selber adoptiert und sehr lieblos erzogen. Irgendwie wurde ich hin- und hergereicht. Meine Mutter, wenn sie denn mal da war, behandelte mich mal total überschwenglich und war völlig süchtig nach meiner Liebe. Danach war sie wieder verschwunden. Alles in allem, kann ich sagen, dass ich mich als Kind komplett hilflos, isoliert, unverstanden, vernachlässigt, schutzlos, überfordert, verängstigt, terrorisiert und masslos eingeschüchtert fühlte. Deswegen flüchtete ich mich ständig in Fantasien und schaute exzessiv Fernsehen. Heute sehe ich mein stark asoziales Verhalten und versuche Zugang zu meinen Gefühlen zu finden, aber da ist auch einfach soviel Hass auf meine zerstörte Kindheit und auf diese rücksichtslosen Menschen in meinem Umfeld, speziell meine Mutter. Tja, Menschen spalten ab, wenn sie abspalten müssen. Das lernen eben schon Kinder, ganz einfach um zu überleben. Wenn jedesmal das Kind rebelliert und seine Gefühle trotzdem negiert werden, dann stellt sich irgendwann Resignation ein, um weitere Ablehnung zu vermeiden – man könnte sagen, dass man beginnt sich selbst aufzulösen. Heute interessiert mich das nicht mehr, denn ich bin erwachsen und es ist mir völlig egal, ob mich jemand liebt oder nicht. Wenn mich jemand angreift oder verletzt dann kenne ich kein Halten mehr! Den Kontakt zu meiner Familie hab ich auf ein Minimum reduziert, ich ertrage ihr heutiges Heucheln nicht mehr! Diese Scheiss-Familienidylle nur weil sie zu feige sind, sich einzugestehen, dass sie komplett versagt haben. Diese Wut, die dann in mir aufsteigt, ist kaum zu bändigen. 33 Jahre alte Wut. Zu meiner Prognose kann ich nicht viel sagen, ich nehms, wie es kommt, Tag für Tag. Gehe in Therapie und versuche Zugang zu meinen Gefühlen zu finden. Ich hoffe, dass ich irgendwann mal eine glückliche Beziehung führen kann, aber bis dahin ist es wohl noch ein langer Weg. Auch ich habe in der Vergangenheit sovielen Menschen weh getan, und hoffe, dass diese mir verzeihen können. Vielleicht kann ich mir selbst irgendwann verzeihen.
Ich wünsche allen Angehörigen und Betroffenen viel Kraft.